Predigt von Pfarrer Thomas Henning am Hanami-Fest des OGV Lichtenstein e.V. mit Eröffnung des Nussbaumwegs:
Woher wir auch kommen, wer wir auch sind:
Wir suchen Gott – Quell allen Lebens
Wir loben Jesus Christus – Befreier aller Menschen
Wir preisen den Heiligen Geist – Grund aller Hoffnung
So kommen wir auch heute Morgen wie schon so oft in den letzten Jahren auf dem Gelände des Obst- und Gartenbauvereins zusammen um Gottesdienst zu feiern.
Wir haben Teil am Zyklus der Natur, am Zyklus des
Vergehens, am Zyklus des Neuwerdens.
Wo wir auch hinschauen:
Überall bricht die Natur heraus und entfaltet sich nach und nach in den
nächsten Wochen in vollster Schönheit. Und ganz ehrlich: Gott sei Dank regnet
es – auch wenn es uns heute vielleicht ganz und gar nicht gefällt.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater unseres Herrn Jesus Christus.
Liebe Freunde des Obst- und Gartenbauvereins!
Das hat was! Das hat richtig was!
Da bricht hoffentlich Begeisterung aus – Nicht nur bei euch:
Die Bäume sind geschnitten,
alte Bestände gestutzt,
neue Bäume eingepflanzt.
Wenn wir nur wenige Meter von hier den Imenberg hinaufschauen, können wir sehen und erkennen, was es bedeutet, wenn die Natur nicht nur von der Last der Überwucherung sondern auch von mancher Altlast befreit wird.
Neues kann entstehen und Altes kann sich neu entfalten so wie diese alten Nussbäume auf dem Nussbaumweg, der heute offiziell eröffnet wird. Offiziell – denn eröffnet ist er eigentlich schon lange.
Unser Alfons spricht ja seit Monaten schon von fast nichts anderem mehr als vom Nussbaum und meint damit keineswegs unsern Schultes. Mit seinem Nussbaum hat er alle möglichen Ämter so lange und geduldig, liebevoll und penetrant genervt bis ihnen gar nichts anderes übrig blieb, als diese Idee zu unterstützen.
Manchmal braucht es eben einen langen Atem – bis Neues entstehen oder aus etwas Altem wieder etwas Neues Lebendiges emporwachsen kann. Ich bin gespannt wie sich die alten Nussbäume erholen und wie die Neuen emporwachsen und irgendwann dann selbst Frucht bringen.
Wussten sie eigentlich, dass die Walnuss schon in den antiken Kulturen als Symbol der Fruchtbarkeit hoch im Kurs stand.
Bei griechischen und römischen Hochzeitsritualen spielten Walnüsse schon in der Antike eine zentrale Rolle. Walnüsse wurden im Gemach des Brautpaares verstreut und unter die Gäste geworfen. Dieser Brauch verhieß eine glückliche Ehe und Kinderreichtum.
Auch die Ähnlichkeit zum menschlichen Gehirn übte eine Faszination aus.
Im christlichen Abendland hat die Walnuss jedoch ganz andere Bedeutungen. Zum einen wird sie mit Jesus Christus verknüpft und symbolisiert das Fleisch Christi, das in Marias Schoss gewachsen ist. Die Walnuss gilt zudem als Symbol der Kirche selbst. Sinngemäß wird hier unter der festen Schale die süße Tugend im Herzen verwahrt. Ikonographisch wurde Josef, als er Maria ehelichte, nicht selten mit dem Zweig des Walnussbaumes in der Hand dargestellt.
Fruchtbarkeit – Neues Leben – Fleisch Christi – Kirche
Es mag manchen überraschen: Auch hier draußen sind wir heute Morgen ganz nah an dem dran, was uns der Wochenspruch dieser Woche verkünden will:
„Gott hat uns in seiner großen Barmherzigkeit sozusagen neu geboren. Durch die Auferweckung von Jesus Christus aus dem Tod hat er uns eine lebendige Hoffnung geschenkt.“
Auch Gott hat die Natur und damit uns Menschen von mancher Last der Überwucherung und auch von mancher Altlast befreit.
Der stetig wiederkehrende Zyklus von Schuld und Neuanfang ist aufgebrochen. Gott hat nicht nur unsere Überwucherungen zurückgeschnitten, sodass sie vielleicht in ein zwei Jahren wiederkommen können. Gott hat sie von uns genommen.
Gott hat nicht nur die Altlasten von uns genommen: Er will auch, dass wir keine neuen mehr auf uns laden.
Gott hat selbst in Jesus Christus
sein Haupt mit Dornen geschmückt, um uns neues Leben zu schenken.
Darin war er penetrant, uneigennützig und liebevoll.
Und:
Das ist eine harte Nuss für uns.
Da könnten wir uns manchmal die Zähne dran ausbeißen, denn es ist eine harte Schale, die dieses Geheimnis umgibt, das Geheimnis der Auferstehung.
Deshalb sprechen wir auch in der österlichen Liturgie:
„Geheimnis des Glaubens.
Deinen Tod, o Herr, verkündigen wir,
deine Auferstehung preisen wir bis du
kommst in Herrlichkeit.“
Und das ist keineswegs katholisch. So haben Christen schon immer von der harten Nuss der Auferstehung gesprochen: „Geheimnis des Glaubens!“ Mit einem Geheimnis muss man freilich behutsam umgehen.
Wenn wir zu grob an die Schale gehen, mag es sein, dass sie zersplittert und der süße Inhalt damit auch hinüber ist.
Wenn wir zu sanft an die Schale herangehen, wird sie sich in der Regel nicht öffnen.
So eine Nussschale braucht – um zu ihrem eigentlichen Kern zu kommen etwas Penetranz, etwas Geduld, vor allem aber auch etwas Liebe zum Detail.
Das ist manchmal ganz schön kniffelig und so ein richtiger Nussknacker will auch richtig angewendet werden.
Ich glaube, so ist es mit der Auferstehung Jesu und dem neuen Leben, das er uns schenkt, auch.
Denn an der Botschaft von der Auferstehung dürfen wir penetrant dran bleiben, auch wenn sie von uns manchmal eine ganze Menge Geduld braucht. Wichtig ist aber hier auch die Liebe zum Detail:
„Die Hoffnung auf ein unvergängliches, reines und unverlierbares Erbe. Gott hält es im Himmel für euch bereit.“
Das ist das Entscheidende:
Unvergänglich, rein und Unverlierbar.
Da wird keine vertrocknete oder gar schwarze Frucht herauskommen. Eine Frucht die wertvoller ist als vergängliches Gold, das im Feuer auf seine Echtheit geprüft wird. Leben in der Fülle nennen wir es.
Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter in der Weihnachtszeit Walnüsse mit Goldspray eingesprüht hat: „Eine Frucht, die wertvoller ist als Gold!“
Ich weiß nicht ob diese Tradition jemals im Echaztal angekommen ist, aber vielleicht häufen sich jetzt wieder die mit vergoldeten Walnüssen geschmückten Weihnachtsbäume.
Aber bis dahin haben wir sie jetzt sozusagen immer live vor Augen.
Deshalb müssen wir dieses Leben pflegen, müssen es beschützen vor Überwucherungen und Altlasten.
Der Alfons hat mir letzte Woche – ich komme ja aus einer Weingegend und habe von Streuobstwiesen wenig Ahnung – jedenfalls hat mir der Alfons erklärt wie die Bäume an den Hängen gepflanzt waren:
Oben die Kirschbäume also das Steinobst
In der Mitte die Walnussbäume – harte Schale weicher Kern
Und unten das Kernobst, das vielfältiges Leben schon in sich trägt. Die Nussbäume aber in der Mitte.
Ich glaube, dem Osterfest ging es die letzten dreißig Jahre so wie den alten Nussbäumen am Nussbaumweg.
Von Altlasten umgeben, hat sich nach und nach Wildwuchs um sie breit gemacht, ein Wildwuchs voll mit Dornen und symbiotischen Pflanzen, Schlingpflanzen, die anderen die Luft zum Atmen nehmen, so dass man nur noch mit Penetranz, Geduld und Liebe zum eigentlichen Kern vorzustoßen vermag.
Vielleicht sollten wir den
Nussbaumweg gerade deshalb auch als Zeichen oder gar als Symbol für unsere
Hoffnung nehmen.
Wir sollten überlegen: Wo ist eigentlich meine Mitte?
Wer mittet mich? – Und wer lässt
mich Bodenhaftung haben.
Christus ist unsere Mitte. Der Gekreuzigte und Auferstandene.
Und zuletzt
Ihr werdet es sehen: Nicht nur die Eichhörnchen werden dadurch besser durch den
Winter kommen, auch mancher anderer, der sich um die Frucht des Nussbaums im
Herbst bemüht. Vielleicht haben diese Menschen ja etwas mehr vom Geheimnis des
Lebens und des Glaubens entdeckt als wir ahnen.
Und als Christen sind wir geradezu beauftragt, andere Menschen am Geheimnis
unseres Glaubens teilhaben zu lassen.
Liebe Freunde des Obst- und
Gartenbauvereins, der erste Petrusbrief spricht aber nicht nur vom Glanz und
dem Gloria der Auferstehung, so nach dem Motto: „Ende gut, alles gut!“
Wir lesen hier auch vom Leiden, das auf die Probe gestellt wird.
Der Verfasser des ersten Petrusbriefes meint hier vielleicht nicht unbedingt den Klimawandel, obwohl sich für die ersten Christen ja das politische Klima damals sehr bald gewandelt hat.
Der Verfasser des ersten Petrusbriefes meint vielleicht auch, dass diese harte Nuss der Auferstehung von vielen nicht verstanden werden wird.
Und er meint vielleicht auch, dass manche sicherlich den bequemeren Weg gehen als einen ausgetretenen Pfad vom Dickicht und seinen Altlasten zu befreien.
Aber gerade darin werden wir erkennen, dass die Auferstehung Jesu Christi für unsern Verstand zwar eine richtig harte Nuss ist, für unser Herz aber das neue Leben in sich birgt.
Darum wünsche ich uns allen auf der einen Seite die Sinnhaftigkeit des Nussbaumwegs auch von unserm Glauben her zu entdecken und auf der andern Seite mit Penetranz, Geduld und Liebe an dieser Botschaft zu bleiben, sie weiterzutragen und mit Rat und Tat für sie einzustehen. Denn nur so kann sie zum Klimawandel zwischen uns Menschen beitragen. Amen.